Stader Tageblatt: Wie der Dollerner SC die Digitalisierung für sich nutzt

Stader Tageblatt: Wie der Dollerner SC die Digitalisierung für sich nutzt
20. Juli 2019

Stader Tageblatt: Wie der Dollerner SC die Digitalisierung für sich nutzt

DOLLERN. Der Dollerner SC gehört zu den digitalen Vorreitern unter den Vereinen in Niedersachsen. Beim Vereinswettbewerb des Landessportbundes zum Thema „Digitalisierung im Sportverein“ landete das Konzept des DSC weit vorne. Die Macher erklären, worauf es ankommt.

Es sei völlig klar, dass nicht nur große Wirtschaftsunternehmen, sondern auch kleine Breitensportvereine mit der Zeit gehen sollten, um andere Zielgruppen, vor allem Kinder und Jugendliche, zu erreichen, sagt Christoph Wichern. Er ist Jugendwart des Dollerner SC, einem Verein mit rund 460 Mitgliedern in einem wachsenden Dorf, und versucht, mit den Mitteln der Digitalisierung viele Sportinteressierte anzusprechen – und damit das Fortbestehen des Vereins zu sichern.

In Sachen Digitalisierung ist der Dollerner SC kürzlich erst aufgefallen. Beim Vereinswettbewerb des Landessportbunds Niedersachsen (LSB) belegte der DSC den zweiten Platz in der Kategorie „Vereine unter 500 Mitglieder“ und zeichnete so das durchdachte Kommunikationskonzept des Vereins aus. Der Dollerner SC, hieß es in der Laudatio, habe mit stagnierender Jugendarbeit zu kämpfen gehabt und erkannt, dass eine modernere und zielgruppenspezifischere Ansprache nötig sei, um diese Entwicklung aufzubrechen.

Die jungen Macher beim Dollerner SC: Der Zweite Vorsitzende Hendrik Schliecker (links) und Jugendwart Christoph Wichern. Foto: Scholz

Bloß: Wie machen die das, und außerdem kostengünstig und effizient? Wichern, 26, ein Master-Student, und der Zweite Vorsitzende Hendrik Schliecker, 33, ein kaufmännischer Angestellter, haben in den vergangenen Jahren viel ausprobiert, geschaut, was große Unternehmen im Internet machen. Das ist ihre Strategie:

1. Die Homepage: Die Internetseite dollernersc.de bilde die Basis, sagt Wichern. Vor zweieinhalb Jahren machte er sich dran, die verstaubte Seite rundum zu erneuern, ihr eine Struktur zu geben und eine Art Redaktion aufzubauen. Das sind Zuständige aus den Sparten Fußball, Handball und Turnen, die die Internetseite mit aktuellen Berichten bestücken. Schliecker spricht von „Eigenwerbung“, denn so könnten die Nutzer sehen, was der Verein zu bieten habe. Außerdem war es den Machern wichtig, dass die Seite auf Smartphone und Tablet vernünftig dargestellt wird. Denn laut Wichern nutzen 50 Prozent der Besucher diese Endgeräte. „Die Seite ist immerhin unser Schaufenster.“

2. Die Chat-Funktion: Was Online-Shops häufig anbieten, haben sich auch die Macher aus Dollern zunutze gemacht: Wer Fragen zu den Sportangeboten hat, kann sich über eine auf der Website integrierte WhatsApp-Chat-Funktion an die Trainer wenden. Die Resonanz halte sich allerdings noch in Grenzen, sagt Wichern. „Immerhin entsteht so das Gefühl, dass einem geholfen wird.“

3. Der Newsletter: Alle ein bis zwei Monate verschickt der Verein einen Newsletter an die Mitglieder und alle, die sich über die Internetseite dafür angemeldet haben. Das sind laut Wichern mehr als 100 Menschen, und die erfahren dann, dass die E-Jugend-Handballer vom Bürgermeister für ihre Meisterschaft geehrt wurden, dass der Buschteichlauf ansteht oder einige Mitglieder an der Dorfreinigung teilgenommen haben. „Man bekommt mit, was in den anderen Sparten passiert“, sagt Schliecker.

4. Die Social-Media-Kanäle: Die Berichte von der Webseite (siehe Punkt 1) werden auf Facebook gepostet. Die Nachrichten seien vorwiegend „positiv belegt“, sagt Schliecker, und das komme offenbar gut an: Der Dollerner SC hat jüngst die Marke von 600 Followern durchbrochen. „Wir können damit unsere Reichweite erhöhen“, sagt Wichern. Ein Anstieg verzeichnet der Dollerner SC auch auf dem fotolastigen Netzwerk Instagram. „Da erreichen wir vor allem die Zielgruppe der 13- bis 20-Jährigen“, sagt Wichern. Jene Gruppe also, die der Verein aufgrund von „Stagnation“ im Jugendbereich verstärkt ansprechen will.

5. Die Sportgruppen-Apps: Intern setzen die Fußball- und Handball-Mannschaften des Vereins auf die Apps „Spond“ und „Spieler-plus“, die jeder Spieler auf seinem Smartphone installieren kann. Die Trainer haben so die Möglichkeit, die Trainingsbeteiligung abzufragen, die Abfahrt zum Auswärtsspiel zu verkünden oder darauf hinzuweisen, die Laufschuhe zum Training mitzubringen. „Das erleichtert den Trainern die Planung enorm“, sagt Schliecker, der selber Handball in Dollern spielt.

6. Einheitliches Auftreten: Ganz wichtig ist den beiden, dass der Verein wiedererkannt wird. Das Vereinslogo, die Farben und Schriftarten werden auf den verschiedenen Kanälen, online wie offline, einheitlich verwendet. Dadurch, so Wichern, entstehe ein „einheitlicher Markenauftritt“. Das sei zum einen professionell, zum anderen werde „Vertrauen in die Qualität der Sportangebote“ geschaffen.

Künftig will der Verein eine Online-Mitglieder-Verwaltung einrichten. Denn bislang gibt es einen einzigen Computer, auf dem das lokal verwaltet wird. „Über eine Cloud sollen bald mehrere Berechtigte Zugriff darauf haben“, sagt Wichern. Die Aufgaben können somit auf mehrere Personen verteilt werden. Die Verantwortlichen hoffen, die ehrenamtliche Arbeit dadurch attraktiver zu gestalten, oder neue Engagierte zu gewinnen.

Lohnt sich der Aufwand? Messbar ist der Erfolg der Digital-Strategie nicht. Wichern und Schliecker gehen aber davon aus, dass die digitalen Angebote mit dazu beigetragen haben könnten, dass der Verein wachse. Vor drei Jahren, sagt Wichern, habe es in Dollern keine einzige Jugend-Handball-Mannschaft gegeben, jetzt seien es sieben Gruppen mit mehr als 100 Kindern und Jugendlichen. Wichern: „Unsere Digital-Angebote prägen auch das Gesamtbild des Vereins.“

Wer sich zum Beispiel in der Vereinsarbeit engagieren möchte, kann sich beim Vorsitzenden Sascha Stange melden: 0 41 63/ 8 24 81 18 oder dollerner-sc(at)gmx.de.

Der Buxtehuder SV wurde Zweiter bei den Vereinen mit mehr als 1500 Mitgliedern. Der BSV habe mit der Digitalisierung im Bereich der Mitgliederverwaltung, der Buchhaltung, der Homepage und zahlreicher kleinerer Anwendungen überzeugt (das TAGEBLATT berichtete).

Drei Fragen an…Prof. Dr. Ronald Wadsack, Wissenschaftler

Das Digital-Konzept des Dollerner SC ist beim Vereinswettbewerb des LSB ausgezeichnet worden. Was können sich andere Vereine davon abgucken?

Die Notwendigkeit wurde erkannt, die Mitgliederentwicklung des Vereins nach vorne zu bringen. Es folgte eine Bestandsaufnahme und es wurden Konsequenzen für die Vereinsarbeit gezogen und Maßnahmen umgesetzt. Die gezielte Nutzung von Social-Media-Kanälen und Angeboten für die Vernetzung der Mitglieder und der Kontaktmöglichkeiten zum Verein sind sehr gute Ansätze, um die Besonderheiten des Sportvereins mit Augenmaß in eine moderne Form zu bringen. Wichtig ist der Mut, das Thema Digitalisierung aktiv aufzunehmen. Damit sind Veränderungen im Verein verbunden und es kostet Zeit, Engagement und vielleicht auch Geld.

Wie weit ist die Digitalisierung in den Sportvereinen vorangeschritten?

Der Stand zu dem Thema Digitalisierung ist bei den Sportvereinen extrem unterschiedlich. Die richtigen Großvereine sind da am weitesten, da sie die Vorteile erkennen und am ehesten die Kapazitäten haben, dies zügig im Verein voranzubringen. Ansonsten scheint es eher von einzelnen Akteuren und der Weitsicht des Vorstandes abzuhängen, wie mit dem Thema umgegangen wird. Für viele ist es ein unbekanntes Themengebiet, bei dem die Vereinshomepage nur noch eine Randnotiz darstellt. Der Fußballbereich mit dem DFBNet und manch andere Fachverbände bieten für den Wettkampfbereich Unterstützung, dieses ist aber eher auf den Wettkampfbereich konzentriert. Eine große Herausforderung ist die Unklarheit, was die Digitalisierung in der Gesellschaft mit sich bringt und was dies für Sportvereine in der Zukunft bedeutet. Auch die Verbände tasten sich hier in verschiedener Form erst voran.

Was lässt sich über die Effekte einer guten Digitalstrategie sagen?

Digitalisierungsstrategie steht im Moment für ein riesiges Feld an Themen und Einsatzmöglichkeit, vor allem internetbasierter Anwendungen, und es kommen fortwährend neue Möglichkeiten dazu. Es ist auf jeden Fall ein wichtiges Zukunftsthema, um als Sportverein den sich entwickelnden Erwartungen an Sportangebote und dem organisatorischen Hintergrund gerecht zu werden. Es gilt, die Besonderheiten als Sportverein zu erhalten, um nicht in einem unübersehbaren Feld von Sportangeboten unterzugehen. Vielleicht liegt sogar eine zukunftsorientierte Chance in den sozialen Möglichkeiten der Sportausübung im Verein, wenn dies als Ausgleich für eine ansonsten digitalisierte Lebenswelt wirkt. Aber auch diese Position muss erst einmal erarbeitet werden.

Prof. Dr. Wadsack ist Wissenschaftler am Institut für Sportmanagement der Ostfalia-Hochschule in Salzgitter und gehörte zur Jury des LSB-Vereinswettbewerbs.

Quelle: Tim Scholz, Stader Tageblatt, 19.07.2019